Eindrücke und Informationen aus dem Fachvortrag von Marcus Haseitl
„Die Liebe zur Flora ist Bienen und Menschen gemein. Und es gehört zu den reizvollsten Rätseln, warum auch uns die Symmetrien und Farben der Blüten anziehen, obwohl ihr Locken doch den bestäubenden Insekten gilt“, so schreibt der Gartenphilosoph Werner Gamerith.
Der Obst- und Gartenbauverein Finning engagiert sich seit Längerem mit dem Projekt „Finning blüht – artenreiche Wiesen“ für die Aufwertung öffentlicher und privater Grünflächen im Sinne von Biodiversität und Nachhaltigkeit. Mit diversen Aktionen und Vorträgen möchte der Verein, ganz im Sinne seiner satzgemäßen Verantwortung für Natur- und Umwelt, das Bewusstsein schärfen für die gefährliche Schieflage, in die wir Menschen die Natur gebracht haben und immer schneller bringen. Dass wir damit den Ast absägen, auf dem wir selbst sitzen, hat Marcus Haseitl bei seinem Vortrag in Finning eindrucksvoll deutlich gemacht.
Offensichtlich sind Blüten Signale an die Insektenwelt, die lange vor dem Menschen entstanden, wie bei seinem Fachvortrag der Referent Marcus Haseitl aus Bad Grönebach erzählte. Ihre Schönheit und ihr Duft sind eine verlockenden Einladung an tierische Besucher. Denn der nahrhafte Nektar ist meist in der Tiefe von Kelchen oder Spornen verborgen. Beim Versuch, an ihn heranzukommen, streifen die kleinen Nascher die Staubbeutel und Narben und transportieren in ihrem Haarkleid oder an ihren Beinen den befruchteten Pollen von einer Pflanze zur anderen. Diese im wörtlichen Sinn fruchtbare Partnerschaft von Blumen und Insekten zeigt beispielshaft das Zusammenspiel unterschiedlicher Lebewesen in einem Ökosystem.
Manche Blumen, etwa Disteln und Karden, werden – weil ihr Kelch für kurzrüsselige Bienen zu tief ist – nur von Hummeln und Schmetterlingen angeflogen. Von den Hunderten bei uns existierenden Wildbienenarten ist rund ein Drittel ausschließlich auf Blüten einer heimischen Pflanzenfamilie oder gar -gattung spezialisiert und deshalb auch daruf, angewiesen diese zu finden.
Zum Beispiel besuchen manche Sandbienenarten nur Glockenblumen. Oft verbringen sie in deren schützender blauer Kuppel sogar die Nacht oder überdauern eine Regenperiode. Diese hoch differenzierten, noch nicht restlos erforschten Beziehungen zwischen Bienen und Blumen machen deutlich, wie sehr die Eignung eines Lebensraumes von seinen Pflanzenarten bestimmt wird.
Dass aber auch die Ästhetik Ansprüche blumenpflückender, dekorations- oder gartengestaltender Menschen den Bedürfnissen unserer interessanten kleinen Mitbewohner entgegenkommen können, zeigen immer mehr private und öffentliche Nutzgärten, wie Haseitl mit den Bildern von Bad Grönebach zeigte, die bei den Gästen gleich ein Ahh und Ohh hervorriefen. In naturnahen Gärten siedeln wir heimische Wildblumen an. Je größer deren Vielfalt, desto mehr Bienenarten finden die für sie passende Nahrung. Und unsere Flora bietet wahrlich eine reiche Auswahl an Pflanzen, die sowohl den Hunger von Blütenbesuchern als auch unseren Schönheitsdurst stillen.
Wenn wir außerdem bedenken, dass Bienen außer ihren Blumen auch noch passende Nistplätze, etwa unbewachsene Plätze oder Kleinhöhlen, brauchen und sie ihrerseits Nahrung für Vögel, Spinnen und andere sind, dann ahnen wir etwas von der Komplexität des Lebens. Fast spielerisch können wir im naturnahen Garten lernen, dass auch wir Teil des wunderbaren Lebensstromes sind. Und dass wir der Biosphäre vertrauen können, wenn wir sie achtsam und liebevoll behandeln. Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und Co. sind unersetzlich. Wie einfach ist es doch bei einem großen Garten eine Ecke wild wachsen zu lassen und vielleicht auch eine Hecke mit Schlehen, Berberitze und Heckenkirsche zu pflanzen. Nicht nur die Insekten, auch andere Nützlinge wie Igel oder Vögel werden es danken und auf ihre Art zu einem gesunden und fruchtbaren Garten beitragen.
Auch in der Landwirtschaft gibt es Möglichkeiten, die Honigbiene — und natürlich auch die anderen Insekten – zu fördern. Wir brauchen wieder: Mehr Mut zur Natur! Für eine blühende Land(wirt)schaft!
Die anwesenden Gäste waren sehr angetan von dem Lichtbildervortrag, und lebhafte Diskussionen mit dem Referenten beendeten den Abend. Die Vorsitzende Martina Boos bedankte sich recht herzlich bei Marcus Haseitl für den anregenden Vortrag und bat die Anwesenden, sich dies alles zu Herzen zu nehmen, die Wiesenprojekte des Obst- und Gartenbauvereins zu unterstützen und im eigenen Garten aktiv zu werden. Einige Besucher suchten den persönlichen Kontakt zum Referenten, um ihre Fragen los zu werden. Viele Merkblätter und Infos gab es auch zum Mitnehmen.
Weitere Informationen finden Sie auch unter www.bluehende-landschaft.de